Wie alle Jahre bedeutet unterrichtsfreie Zeit ja glücklicherweise immer auch Lese-Zeit und bevor es wieder an die Schullektüre geht, darf man als Lehrperson im Sommer immer wieder getrost zu Büchern greifen, die in der Schule nicht gelesen werden (sollten). Die vorgenommenen "Klassiker" wie "Maria Madgalena", "Hiob" etc. blieben in diesem Sommer NICHT auf der To-Do-Liste, mussten aber (wie fast alle Jahre) Krimis Platz machen.
-- "Böses Blut", "Misterioso", "Falsche Opfer", "Tiefer Schmerz", "Rosenrot", "Ungeschoren", "Totenmesse", "Dunkelziffer", "Opferzahl" und "Bussestunde" (A. Dahl). Über 5000 Seiten Dahl liessen die Schule vergessen! Auch wenn einige Zusammenhänge konstruiert wirken, so kann fast jeder Band mit Spannung, interessanten Figuren und vielen Erzählebenen aufwarten. Intelligente Kriminallektüre, welche Probleme und Brandherde der 2000er Jahre thematisiert: Prostitution, Drogen, Öffnung Europas, Aufarbeitung des 2. Weltkriegs, Überwachung, Irak-Krieg und und und. -- "Der Kampf um den Diamantenthron" (J. di Nicola). Als Maturaarbeit konzipiert und als Geschenk für die Sommerferien ein ordentlicher Einstieg in die Schriftstellerkarriere. Gute Fantasy mit Liebe für die (sprachlichen) Details und Figuren. --- "111 Gründe, Lehrer zu sein" (D. v. Horn): Das Geschenk meiner Maturaklasse zeigt, warum unser Beruf ein toller ist. Vor allem die Gründe "Der Lehrer ganz privat" lassen einen mehr als schmunzelnd zurück. --- "Würste der Hölle", Übelsetzungen (Langenscheidt): Das dritte Geschenk kann mit Sprachpannen aus aller Welt aufwarten. Ganz tolle Lektüreerlebnisse mit "Zertrampelter Lachs", "Emperor's Nonsense" und "Nicht zu kriechen" (Do not climb). --- "Deutsch unterrichten" (T. v. Brand): Nach 14 Jahren Unterrichtstätigkeit kann es nicht schaden, sich wieder einmal mit den "Basics" des Deutschunterrichts zu befassen. Schön ist, wenn man nach der Lektüre merkt, dass man durchaus "à jour" ist. -- "Passagier 23" (S. Fitzek). Wie jeder Fitzek spannend und mit Gruselfaktor. Die Wendungen sind lesenswert, der Schluss leider etwas vorhersehbar. --- "Mimili" (Clauren). Auch als Schullektüre geeignet, wobei das idyllische Berner Oberland und die allzu gute Hauptfigur etwas nerven können. --- "Hiob" (J. Roth): Das Werk zeigt, warum es zum Kanon der Schullektüren gehört: Angenehm zu lesen, viele historische und intertextuelle Anspielungen und eine Figur, die ihren Idealen meistens treu bleibt. --- "Die Geschichte von Herrn Sommer". Für Zwischendurch mehr als ok. Die Illustrationen können als gelungene Zugabe aufwarten. --- "Lila, lila": Ein ganz guter Suter, wobei man mit "Die dunkle Seite des Mondes" im Unterricht mehr erreichen und besprechen kann. --- "Maria Magdalena" (F. Hebbel). Entpuppte sich leider nicht als das erhoffte Trauerspiel für die Schule. Zu wenig Spannung und zu viele Leerstellen. --- "Der Menschenfeind" (H.M. Enzensberger, nach Molière): Dafür dieses! Wunderbar komische Adaptation des Dramas von Molière. Hat wohl nichts an Aktualität eingebüsst. --- "Die Apothekerin" (I. Noll): Wäre aufgrund der etwas naiven Hauptfigur und der komischen Ereignisse ebenfalls eine Schullektüre wert. --- "Der Vater eines Mörders" (A. Andersch): Ein Schulbesuch der besonderen Art, welcher zeigt, dass sich die Schule in den letzten 80 Jahren doch etwas verändert hat. PS: Am Montag geht es wieder los und dann werden Schullektüren den Sommer vergessen lassen. Dafür werden hoffentlich interessante Diskussionen den Unterricht erfüllen.
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Der (letzte?) Zig-Blog-Beitrag von Katarina Bekaj und Carla Sabato ist gleichsam Rückblick und Ausblick: Auf ein gutes und ereignisreiches Schuljahr mit dem Zig-Projekt, auf einen flotten Schulschluss und auf die kommenden Ferien. Die ValetwandlungAls Carla und Katarina eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachten, fanden sie sich in ihren Betten zu ungeheurem Ungeziefer verwandelt. Ein Text von Carla Sabato und Katarina Bekaj.
Definition von Ungeziefer: Ursprünglich Mensch, durch die Geschehnisse des Vorabends – in diesem Fall war es das altbekannte Valété – zu einer Art Unmensch verwandelt. Die Symptome lassen sich hervorragend an meinem eigenen Beispiel erklären: ein pochender Kopf, schwere Augenlieder, dehydrierter Körper und staubtrockener Mund, komisch riechende Kleidung – des Vorabends wegen – und zu diesem Zustand gehört DIE Herkulesaufgabe. Sie ist schwieriger als alles bisher Gesehene. All die zu Beginn als unmöglich erscheinenden Maturaprüfungen sind eine Leichtigkeit dagegen. Nun ja, die Aufgabe lautet: Rekonstruiere den gestrigen Valété-Abend! Leichter gesagt als getan, wenn man doch bedenkt, wie viele wertvolle Hirnzellen durch den Verwandlungstrank, auch bekannt als Alkohol, zerstört wurden. Ich erinnere mich, das Gelände des Collège St. Michel betreten zu haben, in Begleitung einiger Kolleginnen und Kollegen, die sich ihrerseits ein, zwei Schlückchen Alkohol gegönnt hatten. Wohl verdient, versteht sich, denn immerhin ist für uns eine Ära zu Ende gegangen. Jeder und jede von uns spürte in diesem Moment die Magie des St.Michel – oder wir bildeten es uns zumindest ein. Denn der Platz war erleuchtet in blau-violettem Licht, ein kühler Wind wehte, sehr erwünscht, in dieser warmen Sommernacht, und das matte Licht der Sterne bahnte sich seinen Weg bis auf die Köpfe der tanzenden Jugendlichen. Dieser Zauber schien auch die Erwachsenen verführt zu haben, denn wir erblickten unseren Deutschlehrer, steuerten lachend auf ihn zu und die Blüte der Jugend triumphierte über jedes spiessig-erwachsene Verhalten, das man manchmal vor den Lehrern aufweist. Naja, das ist jetzt sehr anständig ausgedrückt. Man könnte auch sagen, die Verwandlung war in vollem Gange, denn plötzlich werden die Gespräche mit dem Lehrer äusserst amüsant und anregend, gegenseitige Geheimnisse und Beichten lassen die vier vergangenen Jahre noch gelungener und kurioser erscheinen. Das ging so weiter, bis die Polizei uns samt unseren Lehrer vom Gelände trieb – von wegen Freund und Helfer. Aber in diesem Moment konnte ich sie um Himmels Willen nicht ernst nehmen. Wie sie da versuchten die träumerisch alberne Menge Jugendlicher vom St. Michel-Platz wegzudrängen, erschien mir lächerlich. Wir blieben der noch jungen Nacht treu und die Reise ging weiter in einen, ich nenne ihn mal „geheimen“ Garten in der Nähe des Kollegiums. Und nun..? Da scheint sogar die Empirie zu versagen, denn was dient mir die Lehre von Erkenntnis durch Erfahrung, wenn ich mich nicht mehr an die Erfahrung erinnern kann? Das Dilemma schlechthin. Doch glücklicherweise sind einige, zwar unfertige, Bruchstücke des Erlebten im „geheimen Garten“ präsent. Die Nacht war zu dunkel und das kontrastschaffende Licht fehlte, so nahm ich still nur die Umrisse von Blumen, Sträuchern und Bäumen, wie auch die der fernen Gebäude der wunderschönen Stadt wahr…Das Zauberhafte schien nie zu verfliegen. Wäre ich doch nur sparsamer mit dem Whiskey umgegangen, dann könne ich noch mehr von der Valété-Nacht erzählen…nun, vielleicht hat Carla ja eine vollständigere Version vorzuweisen? Ja, also, unser Grüppchen hatte bereits etwas benebelte Probleme die Veranstaltung des Valété überhaupt zu erreichen. Nach diversen Eintrittskarten- Geldautomaten- Getränken- und Toiletteneskapaden hatten wir einen ganz schön weiten Weg, bis wir endlich das Gelände des St. Michel betreten konnten. Als wir dann schliesslich in der brodelnden Menge von Maturanden und ohrenbetäubender Musik ankamen, fanden wir uns plötzlich auf dem Boden sitzend und über psychologisch-philosophische Themen diskutierend wieder. Wie genau dieses Gespräch zustande kam, ist mir schleierhaft... Das war wohl die besagte Magie des Valété – oder auch etwas anderes, beginnend mit A. Jedenfalls waren wir uns einig, dass das menschliche Gehirn ungeahnte Tiefen besitzt, und dass wir die Echtheit naturwissenschaftlicher Forschungen grundsätzlich anzweifelten. Unsere Philosophielehrerin wäre stolz auf uns gewesen. Apropos Lehrer: Liebe Katarina, auch wir hatten einen kleinen Zwischenfall mit einem Lehrer. Unser Gespräch wurde plötzlich unterbrochen, als jemand lautstark kundtat, dass sich unsere Klassenlehrerin Gitarre spielend auf der Bühne befinden würde! Begeisternd johlend und hüpfend wie Teenager-Groupies stürmten wir also zur Bühne und mussten einsehen, dass unsere vermeintliche Klassenlehrerin ein (mit Ohrringen und Sonnenbrille!) verkleideter Mann war. Ups, das vergessen wir vielleicht wieder. Aber der springende Punkt des Abends kommt eigentlich noch. Sie müssen wissen, in den vier Jahren meiner Geschichte des Valété, werde ich von einer Art Fluch verfolgt. An den erinnere ich mich IMMER, egal in welchem Zustand. Es gibt da nämlich diesen einen Bekannten aus der Sekundarschule, nennen wir ihn Mister V. Er hat keinerlei Verbindungen zu einem Gymnasium, meines Wissens arbeitet er sogar nicht einmal im selben Kanton. Jedenfalls treffe ich ihn nie. Ausser am Valété. Jedes Jahr. Jedes Mal sticht er mir aus der Menge ins Auge, als würde er höchstpersönlich von einem Scheinwerfer angestrahlt. Auch dieses letzte Mal hoffte ich insgeheim, ihn wieder zu treffen. Leider falsch gehofft. Er war nirgends. Der weitere Abend verschwamm in einer Art Strudel aus Lichtern, Gesichtern und Musik. Während ich dann irgendwann mal im Verlaufe des Geschehens den Heimweg antrat und schon leicht schlafend den Bahnsteig entlang schlurfte, wurde ich plötzlich von einem ungeheuren Licht geblendet. Was das war? Na, dieser Scheinwerfer. Mit Mister V. Lieber Leser, ich kann Sie übrigens beruhigen. Alle beide, Katarina und Carla sind keine Ungeziefer mehr. Die Verwandlung war binnen eines Tages (mit dem Insektizid Kaffee) wieder reversibel. Und wir haben hoffentlich auch nicht derartig mieses Karma in dieser einen Nacht angesammelt, dass wir uns in unserem nächsten Leben als Kellerasseln in Indien wiederfinden. Die durchgemachte Verwandlung ist vielmehr ein Pflichtprogramm im Leben eines Maturanden des Collège St. Michel. Sie zeigt an, dass wir nun geläutert, erwachsen geworden (?) und bereit für jede Aufgabe sind, die uns das Leben zu stellen vermag. Sodass wir diese Schule getrost verlassen können. Das mal seriös ausgedrückt. Oder sie zeigt einfach, dass wir nun, nach vier Jahren harter Arbeit, einfach mal die Füsse baumeln lassen und das Leben so richtig geniessen können. Ohne Rücksicht auf Verluste. Die Freiburger Nachrichten gratulieren den ZiG-Bloggern Katarina Bekaj, Carla Sabato, Sandro Stucki, Jonathan Progin und Jessica Wyss ganz herzlich zum bestandenen Maturaabschluss. Quelle: http://www.freiburger-nachrichten.ch/blogs/zig-blog/die-valetwandlung Die Klasse 2d2 hat in ihrer Projektwoche 5 thematische Trails in der Stadt Freiburg erstellt: "Dragon", "Fri-Gastro", "Freiburg mal anders", "Sport" und "History". Vom Letzteren gibt es eine Netz-Version. Klicken Sie das unten stehende Logo (kreiert von Ami Yonehara) an, und versuchen Sie, den Weg durch die Stadt Freiburg zu finden.
Die anderen Trails werden bei Gelegenheit veröffentlicht werden. Und heute geht es um die Wahl des richtigen Kollegiums, mit welcher sich einzelne Schüler(-Gruppen) der Klasse 1e2 befasst haben. Ich hoffe doch, dass ich mich zu den Lustigen (und Netten) zählen darf.
Mit bestem Dank an Marc Spicher und Joël Morf (1e2) sowie Frederik Meyer, Patrik Schelker, Robin Blum und Mathieu Lauper (1e3) für die ersten Zig-Artikel meiner Deutschklassen.
Bestätigen kann ich Urs Schwallers Aussagen übers Kollegium St. Michael: "Das Sankt Michael ist mir auch heute noch sehr wichtig, sei es wegen seiner geschichtlichen Bedeutung für uns Frei- burger, oder weil die Verantwortlichen immer versucht haben, nicht nur Schulwissen zu vermitteln. Es ging ihnen immer auch darum, den jungen Menschen gewisse den Alltag überdauernde Grundwerte des Zusammenlebens näherzubringen und sie so für die Welt und den Kontakt mit Andersdenkenden zu interessieren." (Foto der Oper Freiburg)
Sie alle waren bereits bekannte Gäste der Oper: der unvergleichliche Loriot, die Gruppe Queen für eine Nacht und das Phantom etwas länger; im Juni 2015 kommt es gar nach Freiburg. Es ist also Zeit, wieder einmal mit Schulklassen in die Oper zu gehen und die Eigenheiten des besonderen Anlasses zu würdigen. Zunächst einmal fällt natürlich der Altersdurchschnitt des Publikums auf. Wann sieht man als Besucher von klassischen Anlässen schon über 500 Jugendliche zwischen 16 und 20 Jahren? Und dazu noch in der Oper? Dies sollte vermehrt so sein, auch wenn einige wenige Teilnehmer bereits in den Pausen den Nachhauseweg angetreten haben und so das Kulturangebot am unterrichtsfreien Nachmittag leider nicht vollständig wahrgenommen haben. („Ich kann nichts mit dieser Musik und dem Gesang anfangen!“). Der Ausstieg aus dem hektischen Alltag und das damit verbundene Schwelgen in einer traumhaften Musik-Welt scheint bei diesen Aussteigern noch kein Thema zu sein. Musikalisch hat mir als Schlagzeuger das in der Ouvertüre (für Mozart verhältnismässig) reich eingesetzte Schlagwerk gefallen, welches die Janitscharenmusik simulieren sollte. Aber auch sonst vermochte die leicht zugängliche Musik und das sie spielende Orchester zu grossen Teilen zu gefallen. Blickt man weiter auf das Libretto, so haben es mir besonders zwei Stellen angetan: „Solche hergelaufne Laffen, die nur nach den Weibern gaffen, mag ich vor den Teufel nicht. Denn ihr ganzes Thun und Lassen ist, uns auf den Dienst zu passen“ des ordentlich singenden und spielenden Osmin sowie die Würdigung der grossmütigen Vergebung von Bassa Selim durch die Gemeinschaft: „Nichts ist so hässlich, als die Rache; Hingegen menschlich, gütig seyn; Und ohne Eigennutz verzeihn, ist nur der grossen Seelen Sache. Wer dieses nicht erkennen kann, Den seh' man mit Verachtung an.“ In den Pausen geniesst man das leere Treppenhaus und die Möglichkeit, ohne langes Anstehen sofort zur Bar gelangen zu können, weil das jugendliche Publikum in dieser Zeit seine Facebook-Kontakte pflegen muss. Auch die herrliche Aussicht auf die Schützenmatte und das bergige Oberland durch die Glasfront hindurch vermag zu gefallen und regt zu allerlei Gesprächen und Reflexionen mit den KollegInnen an. A propos (singende) Kollegen: Beinahe traditionell (und schuleigen) ist der mehr als warme Applaus für den Chor. Einige ZuhörerInnen liessen sich sogar zu Bieber-ähnlichen Herz-Zeichen in Richtung eines Soldaten hinreissen, welcher die Bekundungen wie selbstverständlich erwiderte und so für beide Seiten einen gelungenen Schlusspunkt markierte. Schliesslich sind Schülerrückmeldungen ein Erlebnis an sich und treffen oft den Kern der ganzen Sache, auch sind sie allgemein verständlich: „Die Oper ist kurzweilig“, „Die ewigen Wiederholungen der Stücke sind langweilig“, „Konstanze wirkt kalt und man versteht sie nicht, wenn sie spricht“, „Den zweiten Akt hätte man streichen können, da passiert ja nichts“, „Was? Die wollen all’ die Flaschen trinken?“, „Pedrillo ist etwas übermütig“, „Ich wusste nicht, dass Herr Jutzet im Chor mitsingt!“, „Mozarts Musik ist schön!“, „In den Untertiteln sind lauter Kommafehler!“, „Ist Belmonte in Wirklichkeit ein Amerikaner?“ und „Die Handlung erinnert an heutige Seifenopern.“ Et cetera und so weiter und so fort. Zeugen diese nicht von einem frischen und direkten Zugang zu einer musikalischen Gattung, mit der heutige Jugendliche eigentlich nicht mehr viel anzufangen wissen? Oder eben gerade nicht? Der Besuch des achtstündigen "Faust 1 und 2"-Marathons in Hamburg gehört in meinem Deutschunterricht bereits zur Tradition. Kein Wunder: Hamburg ist eine wirklich vielseitige Stadt, begonnen bei der Binnenalster, den Einkaufsmöglichkeiten, den Aussichtstürmen, den Museen, dem architektonisch ansprechenden Hafenviertel, dem Ausgang im Schanzenviertel und auf der Reeperbahn, den hoch stehenden Musicals... Und ja, natürlich auch wegen der oben genannten Vorstellung im Thalia Theater zu einem wirklich unschlagbaren Preis.
Der Inhalt ist schnell erzählt: Faust, seines Zeichens ein sehr studierter Mann mittleren Alters, steckt wegen seines Unwissens in einer Lebens- und Schaffens-Krise und möchte wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Mephisto, welcher scheinbar eine Wette mit dem Herrn im Himmel abgeschlossen hat, schließt seinerseits einen Pakt mit Faust, damit er ihm alles zeigen kann, was die Welt zu bieten hat, damit Faust beruhigt den höchsten Augenblick genießen kann und somit seine Seele dem liebenswerten und schalkhaften Teufel überlässt. Nachdem Mephisto Faust mit der jugendlich anmutenden Beziehung zu Gretchen (mit großen persönlichen Verlusten von Familienmitgliedern) die kleine Welt zeigt, geht es in "Faust 2" in die große Welt der Finanzen (Gelddruck und Inflation), Technik und Industrie (Homunculus und Landgewinnung), mit quasi bürgerlich familiärem Glück mit Helena sowie Politik und Kriegsführung. Am Ende kann der immer strebende, irrende und vom Teufel sich emanzipierende Mensch von einem Engelschor und der Mater Gloriosa erlöst werden. Der Teufel wird von knackigen Engeln abgelenkt und verpasst die Seele von Faust, die ihm von Rechts wegen sowiso nicht zusteht. Der Herr im Himmel sieht sich bestätigt, die lustige Person, der Dichter und der Direktor kommen nach den tausenden von Versen auf Ihre Kosten und auch das Publikum im Thalia Theater bietet den Schauspielern wegen der eindrücklichen Leistung nach 8.5 Stunden eine stehende Ovation. Die Schüler sind von diesem Besuch jeweils angetan, Langweile stellt sich aufgrund der spannenden Inszenierung und aktuellen Musikstücke selten ein, aktuelle Themen und Verweise beschäftigen die Köpfe und das Besondere des Erlebnisses ("man wird sich den Marathon nur einmal im Leben ansehen!") machen den "Faust"-Besuch zu einem gelungenen und sehr empfehlenswerten Anlass ausserhalb des Deutsch-Unterrichts. Fazit: Wenn die SchülerInnen nach der Vorstellung zu kleinen Mephistos werden und der alternde Lehrer zu einem dem Pakt wohl gesinnten Faust, dann geht man - nicht nur wegen der Vorstellung - immer gerne nach Hamburg zurück... "So sollen Lehrer auf Miniröcke und Pornobilder reagieren" - ich ignoriere einmal, dass nur die männliche Form geschrieben steht - ist ein Artikel aus dem heutigen Tagi. Der Dachverband der Schweizer Lehrer (LCH) hat seinen Ratgeber aus dem Jahr 2008 überarbeitet und gibt Lehrkräften wertvolle Tipps im Umgang mit Schülerinnen und Schülern in einem sich immer schneller verändernden Umfeld.
Vorneweg 1: Die folgenden Gedanken stammen von einer männlichen Lehrkraft auf der Sekundarstufe 2, welche sich womöglich nicht oder nur bedingt auf die obligatorische Schule übertragen lassen. Vorneweg 2: Wir haben als Lehrkraft einen Bildungs- und Erziehungsauftrag, auch sollten wir einen reibungslosen Ablauf des Unterrichts gewährleisten können. Vorneweg 3: Analogien mit anderen Ländern (in den USA funktionieren Schuluniformen, Finnland ist PISA-Chef und daher ist in der Schweiz darauf zu achten, dass... etc.) sind immer zu vermeiden. Man schaut besser auf den Einzelfall. Vorneweg 4: Ebenso sind Überlegungen wie "früher war alles besser", "zu meiner Zeit", "im Zeitalter des Stocks" zu umschiffen und lieber auf heutige Gegebenheiten zu achten. Vorneweg 5: Aussagen wie "Es ist an den Eltern, die Kinder zu erziehen und daher..." mögen gut tönen, sind für den eigenen Unterricht aber selten hilfreich... Vorneweg 6: Kleidung und Accessoires bedeuten immer Persönlichkeit und Individualität, auch definieren sich viele Jugendliche durch ihren Stil, weswegen dieser zu respektieren ist: Ich kann, darf und will einer 19-Jährigen nicht vorschreiben, wie sie sich anzuziehen hat. 1) Das Berühren von SchülerInnen ist für eine Lehrkraft in jedem Falle tabu, auch wenn es ums Trösten, Mitfreuen, Mittanzen etc. gehen sollte. Im Rahmen einer bestandenen Maturaprüfung ist abklatschen aber immer toll... 2) Bei allzu freizügig angezogenen Schülerinnen (wenn man solches feststellt, hat man ja bereits verloren!) schaut man am besten aus dem Fenster und denkt an die Resultate der Gruppenarbeit, "Faust"-Zitate oder administrative Dinge, die noch zu erledigen sind. 3) Wenn Smartphones nicht im Unterricht verwendet werden, dann sollte eine Aufforderung, dieses wegzulegen, genügen. Bei mehrmaligem Auffordern kann das Smartphone für die restliche Dauer des Unterrichts konfisziert werden. 4) Die Inhalte von Schüler-Smartphones sind für Lehrer in jedem Falle tabu. Wird die Lehrperson Zeuge eines Verstosses gegen den Datenschutz, so kann der fehlbare Schüler darauf angesprochen werden. 5) Ich habe keinen facebook-account. Bei Anfragen auf Twitter schaue ich darauf, dass die SchülerInnen erwachsen sind oder meinen aktuellen Unterricht nicht mehr besuchen. 6) Für mich ist weebly ziemlich zuverlässig, ausserdem taucht die Seite nicht auf den "verdächtigen" Seiten und Datenspeichern des LCH auf. 7) Carte blanche. Und abschliessend: Der gesunde Menschenverstand sollte in jedem Falle über übereifrige Juristen, übersensible SchülerInnen und überfürsorgliche Eltern triumphieren. Die junge SVP ortet die Schule als Tatort (hat die Schule - metaphorisch - Leichen im Keller?) und so können SchülerInnen, welche das Gefühl haben, von ihren Lehrpersonen politisch indoktriniert worden zu sein, auf der besagten Seite Vorfälle melden, welche von den Betreibern "überprüft" als "Kompetenzüberschreitung" der Lehrpersonen gelten dürfen. Hier ist natürlich bereits in der Anlage meines aktuellen Blogs Vorsicht geboten, nicht dass ich mich plötzlich als erster Vertreter des Kantons Freiburg auf der Liste wieder finde; und so möchte ich behutsam vorgehen.
Bekannt ist: Meinungsäusserungen und damit -verschiedenheiten gehören zum Schulalltag dazu. Diese sollten jeweils fruchtbar genutzt werden, damit die Studierenden zu mündigen Bürgern herangezogen werden können - oder besser: sich selbst heranziehen können. Argumentativ gut begründet, sollten in einem halbwegs seriös durchgeführten Unterricht alle Meinungen Platz haben, Benotungen sollten nicht aufgrund anders denkender Studierenden schlechter ausfallen als bei denjenigen, bei welchen sich die Meinung mit derjenigen der Lehrperson deckt. So weit, so gut. Ob nun wirklich ein anonymer Pranger nötig ist, um "fehlbare" Lehrpersonen zu denunzieren? Ich möchte jeglichen Analogieschluss mit anderen Ländern und Epochen vermeiden und es sei hier nur darauf hingewiesen, dass in einem entspannten Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer ein solcher Pranger nicht nötig ist und doch lieber die Aussprache gesucht werden sollte (immerhin schlagen die Betreiber der Seite dies auch vor!). Diese Kommunikationsfähigkeit gehört übrigens auch zu einer Kernkompetenz eines jungen Erwachsenen; warum sollte dieser also ohne das Wissen der Lehrperson eine mögliche politische Indoktrination einem Gremium einer Internetseite melden? Schön ist aber, dass die Intendanten der Seite der Meinung sind, dass die "überwältigende Mehrheit" der Lehrer einen hervorragenden Job macht und dafür den Dank der JSVP einheimsen können. Die Frage bleibt also, warum die wenigen schwarze Schafe trotzdem denunziert werden müssen? Falls es mit der staatlichen Aufgabe der Schule (Verwendung von Steuergeldern) und damit der Abhängigkeit und einer Art Befangenheit zu tun hat und diese sich nicht mit den Ideen der JSVP decken, darf Folgendes gefragt werden: Sollte es auch eine Seite für Chefs oder Firmen geben - vornehmlich Private, welche auf staatliche Unterstützung angewiesen sein können oder gar Staatsaufträge erhalten haben -, welche ihre Mitarbeiter ebenfalls indoktrinieren? Zu wenig staatlich? Wie wäre es mit Vereinspräsidenten, welche ihre Mitglieder beeinflussen? Immer noch zu wenig vom Staat subventioniert? Oder mit Landwirten, welche am Stammtisch andere von ihnen Abhängige oder Angestellte erziehen möchten? Immer noch zu wenig vom Staat abhängig? Freie-Unternehmen, Freie-Vereine oder Freie-Landwirte könnten also durchaus Alternativen zur Seite Freie-Schulen sein... Die drei folgenden Blog-Kommentare, welche nicht gerade von Kompetenz zeugen, sollen Anlass zu einer Betrachtung bilden und zeigen, warum und wie in diesem Bereich Luft nach oben vorhanden ist: 1) Irritierend ist, dass sich beide User hinter einem Pseudonym (wohl aus dem Eishockey-Bereich?) verstecken. Gute und ernst zu nehmende Kritiker stehen zu ihrer Meinung und damit verbunden: zu ihrem Namen. 2) (Die Textsorte) Blog hat in erster Linie nichts mit "investiagtivem Lokaljournalismus" zu tun, auch ist die Gymnasiastin - wenn auch eine gute und interessierte Schreiberin - nicht ausgebildete Journalistin, sondern bloggt im Rahmen des ZiG-Projekts. 3) Der besagte Kommentar zeugt davon, (Komma!) warum (wieso) eine korrekte Orthografie am Aussterben ist (aussterben). 4) Die typischen Gymi-Bünzlis werden nicht näher ausgeführt, auch Punkt drei nicht. |
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Dezember 2022
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