Der Besuch des achtstündigen "Faust 1 und 2"-Marathons in Hamburg gehört in meinem Deutschunterricht bereits zur Tradition. Kein Wunder: Hamburg ist eine wirklich vielseitige Stadt, begonnen bei der Binnenalster, den Einkaufsmöglichkeiten, den Aussichtstürmen, den Museen, dem architektonisch ansprechenden Hafenviertel, dem Ausgang im Schanzenviertel und auf der Reeperbahn, den hoch stehenden Musicals... Und ja, natürlich auch wegen der oben genannten Vorstellung im Thalia Theater zu einem wirklich unschlagbaren Preis.
Der Inhalt ist schnell erzählt: Faust, seines Zeichens ein sehr studierter Mann mittleren Alters, steckt wegen seines Unwissens in einer Lebens- und Schaffens-Krise und möchte wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Mephisto, welcher scheinbar eine Wette mit dem Herrn im Himmel abgeschlossen hat, schließt seinerseits einen Pakt mit Faust, damit er ihm alles zeigen kann, was die Welt zu bieten hat, damit Faust beruhigt den höchsten Augenblick genießen kann und somit seine Seele dem liebenswerten und schalkhaften Teufel überlässt. Nachdem Mephisto Faust mit der jugendlich anmutenden Beziehung zu Gretchen (mit großen persönlichen Verlusten von Familienmitgliedern) die kleine Welt zeigt, geht es in "Faust 2" in die große Welt der Finanzen (Gelddruck und Inflation), Technik und Industrie (Homunculus und Landgewinnung), mit quasi bürgerlich familiärem Glück mit Helena sowie Politik und Kriegsführung. Am Ende kann der immer strebende, irrende und vom Teufel sich emanzipierende Mensch von einem Engelschor und der Mater Gloriosa erlöst werden. Der Teufel wird von knackigen Engeln abgelenkt und verpasst die Seele von Faust, die ihm von Rechts wegen sowiso nicht zusteht. Der Herr im Himmel sieht sich bestätigt, die lustige Person, der Dichter und der Direktor kommen nach den tausenden von Versen auf Ihre Kosten und auch das Publikum im Thalia Theater bietet den Schauspielern wegen der eindrücklichen Leistung nach 8.5 Stunden eine stehende Ovation. Die Schüler sind von diesem Besuch jeweils angetan, Langweile stellt sich aufgrund der spannenden Inszenierung und aktuellen Musikstücke selten ein, aktuelle Themen und Verweise beschäftigen die Köpfe und das Besondere des Erlebnisses ("man wird sich den Marathon nur einmal im Leben ansehen!") machen den "Faust"-Besuch zu einem gelungenen und sehr empfehlenswerten Anlass ausserhalb des Deutsch-Unterrichts. Fazit: Wenn die SchülerInnen nach der Vorstellung zu kleinen Mephistos werden und der alternde Lehrer zu einem dem Pakt wohl gesinnten Faust, dann geht man - nicht nur wegen der Vorstellung - immer gerne nach Hamburg zurück...
0 Comments
Leave a Reply. |
AutorArchive
Dezember 2022
Kategorien
Alle
Schul-Blogs- Ein Kollege am csmfr
- Berufsschullehrer sein - Herr Rau (toll!) - Jakobs Blog - Blog-Liste von Herr Rau Andere Blogs- Baustelle-Blog
- Die News auf mggt.ch - Mein Kultur-Blog in den Freiburger Nachrichten - Philip Kesslers Fotoblog - Mama-Blog des Tagesanzeigers - Das Magazin - Blogs der NZZ - Mediaculture online - Ein Musikblog - Top-Blogs der Schweiz - Ein Blogverzeichnis - 13 Tipps für einen guten Blog Abonnieren Sie den Blog!
|