(Foto der Oper Freiburg)
Sie alle waren bereits bekannte Gäste der Oper: der unvergleichliche Loriot, die Gruppe Queen für eine Nacht und das Phantom etwas länger; im Juni 2015 kommt es gar nach Freiburg. Es ist also Zeit, wieder einmal mit Schulklassen in die Oper zu gehen und die Eigenheiten des besonderen Anlasses zu würdigen. Zunächst einmal fällt natürlich der Altersdurchschnitt des Publikums auf. Wann sieht man als Besucher von klassischen Anlässen schon über 500 Jugendliche zwischen 16 und 20 Jahren? Und dazu noch in der Oper? Dies sollte vermehrt so sein, auch wenn einige wenige Teilnehmer bereits in den Pausen den Nachhauseweg angetreten haben und so das Kulturangebot am unterrichtsfreien Nachmittag leider nicht vollständig wahrgenommen haben. („Ich kann nichts mit dieser Musik und dem Gesang anfangen!“). Der Ausstieg aus dem hektischen Alltag und das damit verbundene Schwelgen in einer traumhaften Musik-Welt scheint bei diesen Aussteigern noch kein Thema zu sein. Musikalisch hat mir als Schlagzeuger das in der Ouvertüre (für Mozart verhältnismässig) reich eingesetzte Schlagwerk gefallen, welches die Janitscharenmusik simulieren sollte. Aber auch sonst vermochte die leicht zugängliche Musik und das sie spielende Orchester zu grossen Teilen zu gefallen. Blickt man weiter auf das Libretto, so haben es mir besonders zwei Stellen angetan: „Solche hergelaufne Laffen, die nur nach den Weibern gaffen, mag ich vor den Teufel nicht. Denn ihr ganzes Thun und Lassen ist, uns auf den Dienst zu passen“ des ordentlich singenden und spielenden Osmin sowie die Würdigung der grossmütigen Vergebung von Bassa Selim durch die Gemeinschaft: „Nichts ist so hässlich, als die Rache; Hingegen menschlich, gütig seyn; Und ohne Eigennutz verzeihn, ist nur der grossen Seelen Sache. Wer dieses nicht erkennen kann, Den seh' man mit Verachtung an.“ In den Pausen geniesst man das leere Treppenhaus und die Möglichkeit, ohne langes Anstehen sofort zur Bar gelangen zu können, weil das jugendliche Publikum in dieser Zeit seine Facebook-Kontakte pflegen muss. Auch die herrliche Aussicht auf die Schützenmatte und das bergige Oberland durch die Glasfront hindurch vermag zu gefallen und regt zu allerlei Gesprächen und Reflexionen mit den KollegInnen an. A propos (singende) Kollegen: Beinahe traditionell (und schuleigen) ist der mehr als warme Applaus für den Chor. Einige ZuhörerInnen liessen sich sogar zu Bieber-ähnlichen Herz-Zeichen in Richtung eines Soldaten hinreissen, welcher die Bekundungen wie selbstverständlich erwiderte und so für beide Seiten einen gelungenen Schlusspunkt markierte. Schliesslich sind Schülerrückmeldungen ein Erlebnis an sich und treffen oft den Kern der ganzen Sache, auch sind sie allgemein verständlich: „Die Oper ist kurzweilig“, „Die ewigen Wiederholungen der Stücke sind langweilig“, „Konstanze wirkt kalt und man versteht sie nicht, wenn sie spricht“, „Den zweiten Akt hätte man streichen können, da passiert ja nichts“, „Was? Die wollen all’ die Flaschen trinken?“, „Pedrillo ist etwas übermütig“, „Ich wusste nicht, dass Herr Jutzet im Chor mitsingt!“, „Mozarts Musik ist schön!“, „In den Untertiteln sind lauter Kommafehler!“, „Ist Belmonte in Wirklichkeit ein Amerikaner?“ und „Die Handlung erinnert an heutige Seifenopern.“ Et cetera und so weiter und so fort. Zeugen diese nicht von einem frischen und direkten Zugang zu einer musikalischen Gattung, mit der heutige Jugendliche eigentlich nicht mehr viel anzufangen wissen? Oder eben gerade nicht?
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